Iu§letter Ausgabe 54 - September 2015

Editorial

Liebe Leserinnen unseres Iu§letters, liebe Leser unseres Iu§letters,

nach Polens EU-Beitritt 2004 hat sich der deutsch-polnische Handel sehr dynamisch entwickelt. Deutschland ist seit vielen Jahren der mit Abstand wichtigste Handelspartner Polens. 2014 gingen etwa 26 Prozent des polnischen Exports nach Deutschland. Als größter Handelspartner in Mittel- und Osteuropa belegte Polen 2014 nunmehr den 8. Rang in der deutschen Außenhandelsstatistik, noch vor der Schweiz, Belgien und der Russischen Föderation.

Nach vorläufigen Ergebnissen des Statistischen Bundesamtes erreichte der deutsch-polnische Warenhandel damit zugleich einen neuen Höchststand mit einem Zuwachs von über elf Prozent im Vergleich zum Jahr 2013 und beläuft sich 2014 auf 87,3 Mrd. Euro, wobei 47,5 Mrd. Euro von Deutschland nach Polen und 39,8 Mrd. Euro von Polen nach Deutschland exportiert wurden.

Rechtliche Grundlagen, die die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen innerhalb der EU erleichtern, sind mit Sicherheit einer der Faktoren, die einen grenzüberschreitenden Wirtschaftsverkehr fördert. Wichtig ist in diesem Zusammenhang die am 10. Januar 2015 in Kraft getretene Brüssel-I bis-Verordnung (Verordnung (EU) Nr. 1215/2012) über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen. 

Die benannte Verordnung löst die Brüssel-I-Verordnung aus dem Jahr 2001 (EG-Verordnung Nr. 44/2001) ab und bringt zahlreiche Neuerungen auf dem Gebiet des Europäischen Zivilverfahrensrechts mit sich. 
Für Unternehmer bedeutet sie insbesondere eine Vereinfachung bei der Rechtsverfolgung. So müssen vollstreckbare Gerichtsentscheidungen nicht mehr gesondert im EU-Ausland für vollstreckbar erklärt werden, sondern sind nunmehr in der Europäischen Union unmittelbar wirksam.

Das ermöglicht ausstehende Forderungen gegenüber Handelspartnern schneller und kostengünstiger durchzusetzen. 

Mehr Informationen dazu gibt es in unserem Iu§letter "Brüssel I bis – Änderungen in der Vollstreckung und Anerkennung der Gerichtsentscheidungen".Wir wünschen Ihnen viel Spaß bei der Lektüre des Iu§letters! 
 
Ihr 
Henning von Zanthier, LL.M. 
Rechtsanwalt/radca prawny

Einschränkungen des Rechts, die Umwandlung des ewigen Nutzungsrechts ins Eigentumsrecht zu verlangen

Am 10. März 2015 hat das Verfassungsgericht entschieden, dass "Art. 1 Abs. 1 und 3 des Gesetzes vom 29. Juli 2005 über die Umwandlung des ewigen Nutzungsrechts ins Eigentumsrecht (Gesetzblatt von 2012 Pos. 83 weiter "Gesetz") im Bereich, in dem es die  natürlichen und rechtlichen Personen zur Umwandlung des dauerhaften Nutzungsrechts ins Eigentumsrecht berechtigt, die dieses Recht nicht am Tag des Inkrafttretens des Gesetzes vom 28. Juli 2011 über die Änderung des Gesetzes über Immobilien und anderer Gesetze inne hatten (Gesetzblatt Nr. 187, Pos. 1110 – weiter "Änderungsgesetz"), gegen Art. 2 der polnischen Verfassung verstößt und überdies: a) im Bereich des Immobilieneigentums der territorialen Selbstverwaltung gegen Art. 165 Abs. 1 der Verfassung b) im Bereich des Immobilieneigentums des Fiskus gegen Art. 165 Abs. 1 und 167 Abs. 1 und 2 der Verfassung nicht verstößt" (Urteil des Verfassungsgerichts vom 10. März 2015 K 29/13).

Das o.g. Gerichtsurteil wurde mit zusammenverbundenen Angelegenheiten auf Antrag vom Ortsbeirat Szczecin, Gemeinderat Ustronie und Ortsbeirat Poznan erlassen, in denen man beantragt hat, die Übereinstimmung Art. 1 Abs. 1 und 3 des Gesetzes mit Art. 2, 165 Abs. 1 und 2 und Art. 167 Abs. 1 und 2 der Verfassung, d.h. mit dem sozialen Gerechtigkeitsprinzip, dem Selbstständigkeitsprinzip der territorialen Selbstverwaltung und dem Prinzip der finanziellen Eigenständigkeit der territorialen Selbstverwaltung zu prüfen.

Bevor das Gesetz novelliert wurde, d.h. bis zum 22.01.2012, konnten folgende Einheiten die Umwandlung des ewigen Nutzungsrechts ins Eigentumsrecht beantragen: 

  • natürliche Personen (und ihre Rechtsnachfolger) welche Erbnießbraucher der bebauten Immobilien sind, die mit Gebäuden zu Wohnzwecken oder Garagen bebaut oder zu derartigen Bebauung bestimmt sind sowie landwirtschaftlicher Grundstücke (Art. 1 Abs. 1 des Gesetzes vom 29. Juli 2005 über die Umwandlung des ewigen Nutzungsrechts ins Eigentumsrecht - Gesetzblatt Nr. 175, Pos. 1459);

  • natürliche und juristische Personen (und ihre Rechtsnachfolger), welche Eigentümer von Räumlichkeiten sind, deren Anteil an gemeinsamer Immobilie das ewige Nutzungsrecht beinhaltet,

  • Wohnungsbaugenossenschaften (und ihre Rechtsnachfolger), welche Wohngebäude oder Garagen besitzen.

Das Gesetz, das in Art. 1 die Abs. 1 und 3 verändert, hat den Katalog der berechtigten Personen erweitert. Dieses Gesetz hat nämlich dazu sowohl die natürlichen Personen als auch juristische Personen (darunter auch ihre Nachfolger) berechtigt, die am 13. Oktober 2005 Erbnießbraucher waren, ohne Rücksicht auf den Bebauungszweck und die Bestimmung der Immobilie (Wohnung, Garage, Landwirtschaft).

Zur Zeit hat das Verfassungsgericht festgestellt, dass der Eigentumserwerb durch die zufälligen Personengruppen, die Anspruch auf die Umwandlung des ewigen Nutzungsrechts ins Eigentumsrecht gemäß des Änderungsgesetzes hatten, mit keinem von Verfassungsprinzipien begründet wird.

Die Möglichkeit der Umwandlung des ewigen Nutzungsrechts ins Eigentumsrecht durch die privaten Wirtschaftssubjekte und dadurch die Bereicherung dieser Subjekte erfolgte auf Kosten der territorialen Selbstverwaltung sowie des Fiskus und verletzte das gesellschaftliche Gerechtigkeitsprinzips.
In Anbetracht dessen, dass diese Umwandlung das Immobilieneigentum der territorialen Selbstverwaltung betraf, stellte man die Verletzung der Selbstständigkeit dieser Einheiten fest.

Man muss betonen, dass das o.g. Gerichtsurteil die Berechtigung zur Umwandlung des Erbnießbrauchs ins Eigentumsrecht für natürliche Personen und Wohnungsbaugenossenschaften bezüglich der Wohnimmobilien, Grundstücke, bebaute Immobilien sowie Garagenbebauung nicht berührt.

Karolina Barałkiewicz-Sokal, Rechtsanwältin
Alicja Machała, Rechtsreferendarin

Brüssel I bis – Änderungen in der Vollstreckung und Anerkennung der Gerichtsentscheidungen

Am 10. Januar 2015 hat die Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates Nr. 1215/2012 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (Amtsblatt UE. L Nr. 351, S. 1) Brüssel I bis genannt, die Rechtsverordnung 44/2001  Brüssel I ersetzt.

Die durch die neue Rechtsverordnung eingeführten Änderungen betreffen u.a. die Vollstreckung der in einem anderen Land der EU erlassenen Entscheidungen, ohne dass sie vorher in einem inländischen  Verfahren für vollstreckbar erklärt werden müssen.

Bis dato galt auf Grund der Verordnung Nr. 44/2001 (Brüssel I) das Prinzip, wonach Gerichtsentscheidungen in der EU, automatisch kraft Gesetzes in dem Moment der  Erlassung anerkannt werden. Das bedeutete, dass jedes Gericht dazu verpflichtet wurde, die in einem anderen Land erlassenen Gerichtsentscheidungen, so zu behandeln, als ob sie in seinem eigenen Land erlassen wären.

Um aber die Vollstreckung der ausländischen Gerichtsentscheidungen zu betreiben, war ein eigenes Verfahren vor demjenigen Gericht erforderlich, an dessen Sitz die Vollstreckung erfolgen sollte. 
In dem Verfahren, zur Erlangung der Vollstreckbarkeitsklausel ("exeqatour" genannt), überprüfte der Gericht in erster Instanz zwar nur formelle Fragen (z. B. die Einreichung der Abschrift der Gerichtsentscheidung von der Partei zusammen mit dem Nachweis vom Herkunftsland), dennoch hat das mit der Prüfung der formellen Angelegenheiten verbundene Verfahren mehrfach die Wartezeit auf die Vollstreckungseinleitung verlängert.
Der Zweck der eingeführten Änderungen war die Beschleunigung und die Vereinfachung des Verkehrs von Gerichtsentscheidungen in der EU.

Brüssel I bis hebt das Erfordernis der Vollstreckbarerklärung im Zielland ("exeqatour") auf. Das bedeutet, dass das vom Mitgliedstaatsgericht gefällte Urteil automatisch einen Vollstreckungstitel im Gebiet eines anderen Mitgliedstaates darstellt (d.h. er ist sofort vollstreckbar ohne die Vollstreckungsklausel).
Das vom Gericht in einem anderen Mitgliedstaat gefällte Urteil gilt folglich in Polen gleichermaßen als der Vollstreckungstitel. Die Abschrift der Gerichtsentscheidung ist zusammen mit der Bescheinigung über ihre Vollstreckbarkeit die Grundlage der Vollstreckungseinleitung.

Laut der vorliegenden Verordnung berechtigt die vollstreckbare Gerichtsentscheidung kraft Gesetzes zur Anwendung von allen im aufgeforderten Mitgliedstaat rechtlich vorgesehenen Sicherungsmaßnahmen.
Der polnische Gesetzgeber hat, indem er die Vorschriften des polnischen Rechts an die vorliegende Verordnung angepasst hat, in die Zivilprozessordnung (Gesetz vom 17. November 1964 Gesetzbuch Nr. 43 Pos. 296 mit weiteren Änderungen, weiter Zivilprozessordnung) die Vorschriften Art. 1153(13) – 1153(25) eingeführt.

Der Schuldner ist dazu berechtigt, die Ablehnung der Gerichtsentscheidungsvollstreckung zu beantragen. Gemäß  Art. 1153(23) der Zivilprozessordnung ist der Antrag bei dem Bezirksgericht zu stellen, welches für den Wohnort oder Niederlassung der Schuldner und mangels eines solchen Gerichts bei dem Bezirksgericht, in dessen Bezirk die  Vollstreckung betrieben werden soll oder betrieben wird zu stellen.
Die Gerichtsentscheidung kann mit einer Berufung und im weiteren Verfahren mit einer Kassationsklage angefochten werden. Man soll aber nicht vergessen, dass das Verfahren zum Zweck der Ablehnung der Gerichtsentscheidungsvollstreckung nicht zur Einstellung der Vollstreckung führt. Das Gericht kann auf Antrag des Schuldners die Vollstreckung einstellen, wobei das Gericht insofern nach freiem Ermessen entscheidet.

Wie bereits oben erwähnt, berechtigt die vollstreckbare Gerichtsentscheidung gemäß Art. 40 der Verordnung kraft Gesetzes zur Anwendung von allen im aufgeforderten Mitgliedstaat rechtlich vorgesehenen Sicherungsmaßnahmen. Die Verordnung hat außerdem die Möglichkeit eingeführt, das Vollstreckungsmittel an Rechtsordnung des Staates anzupassen, in dem die Vollstreckung betrieben wird, wenn das Vollstreckungsmittel in diesem Staat nicht bekannt ist.

Die von Brüssel I bis eingeführten Änderungen wurden positiv angenommen. Sie erleichtern den Gläubigern auf jeden Fall die grenzüberschreitende Geltendmachung von Ansprüchen und vereinfachen den Verkehr im  EU-Raum.

Katarzyna Borowicz, Rechtsanwältin

Einführung des allgemeinen Mindestlohns in Deutschland

Am 01.01.2015 ist das neue Gesetz zur Regelung eines allgemeinen Mindestlohns, MiLoG in Kraft getreten. Mit diesem Gesetz soll ein allgemeiner Mindestlohn für das gesamte Bundesgebiet eingeführt werden. Bis zum Januar dieses Jahres war Deutschland nämlich ein der letzten EU-Mitgliedsstaaten ohne eines gesetzlichen Mindestlohns (im Jahre 2014 waren es: Dänemark, Finnland, Italien, Österreich, Schweden und Zypern – wobei in meisten dieser Staaten, Mindestlöhne bereits in Tarifverträgen, Vereinbarungen mit Gewerkschaften usw. gewährt wurden). Bisher galten in Deutschland Mindestlöhne nur in bestimmten Branchen aufgrund Sondervorschriften oder Tarifverträge. Das jetzige Gesetz betrifft nun alle Arbeitnehmer unabhängig von der Branche oder Gewerkschaftszugehörigkeit.

Nach dem neuen Gesetz hat jeder Arbeitnehmer seit dem 01.01.2015 Anspruch auf Zahlung eines Mindestlohns in Höhe von 8,50 EUR brutto je Zeitstunde (§ 1 Abs. 1 und 2 MiLoG). Die Höhe der Vergütung kann durch eine Rechtsverordnung der Bundesregierung, welche auf Vorschlag der Mindestlohnkommission erlassen wird, neu bestimmt werden. Der Lohn nach MiLoG ist ein Mindestlohn, so dass eine geringere Vergütung nicht vereinbart werden kann. Nach § 3 MiLoG sind alle Vertragsbestimmungen, die eine niedrigere Vergütung beinhalten oder die Umgehung des Gesetzes bezwecken, kraft Gesetzes unwirksam.

Selbstverständlich wird durch das Gesetz nur eine Mindesthöhe der Arbeitsvergütung eingeführt, so dass alleine das Inkrafttreten des Gesetzes kein Grund ist, um den Arbeitnehmer eine geringere Vergütung zu zahlen, als diejenige die sich aus einschlägigen Tarifverträgen ergibt. Etwas anderes würde nämlich gegen den Grundsatz des Bestandsschutzes verstoßen.

Der Mindestlohn von 8,50 EUR pro Stunde ist ein Bruttoarbeitslohn. Das heißt, dass dieser Betrag um einschlägige Steuer, Sozial-, Kranken- und Rentenversicherungsbeiträge sowie andere öffentliche Belastungen gemindert wird. Aufgrund der Regelung in § 3 MiLoG, die eine Umgehung des Gesetzes verbietet, stellt sich jedoch die Frage, ob der Mindestbruttolohn auch um andere Beiträge durch den Arbeitgeber gemindert werden kann, wie z.B. die Kosten der zusätzlichen Privatkrankenversicherung oder Beiträge im Zusammenhang mit der betrieblichen Altersvorsorge. Im Hinblick auf das Ziel des Gesetzes, also die Stärkung der Arbeitnehmerrechte, sowie die Tatsache, dass es sich um einen Bruttolohn handelt, erscheint es zulässig, diejenige Beträge von dem Lohn abzuziehen, die dem Arbeitnehmer zu Gute kommen, wie die Kosten einer zusätzlichen medizinischen Vorsorge oder zusätzlichen Altersvorsorge. Unzulässig ist dagegen die Minderung des Bruttolohns um rein fiktive Provisionen oder Gebühren des Arbeitnehmers. Da die Regelung des Gesetzes sich auf einen Grundarbeitslohn bezieht, ist sie auch in der Regel nicht auf Sonderprämien oder Funktionszuschläge anwendbar.

Von dem Anwendungsbereich des Gesetzes sind alle Arbeitnehmer umfasst, die aufgrund eines Arbeitsvertrages im Bundesgebiet tätig sind. Betroffen sind also nicht nur die Mitarbeiter deutscher Firmen, sondern auch diejenige Arbeitnehmer, die durch ausländische Arbeitgeber eingestellt wurden und in Deutschland tätig sind. Die Pflicht, den Mindestlohn zu zahlen betrifft auch den Fall des Absendens der Arbeitnehmer, solange die abgesandte Personen im Bundesgebiet tätig sind.

MiLoG sieht zwar einige Ausnahmen von der Pflicht ein Mindestlohn zu zahlen, jedoch diese Ausnahmen betreffen nur besondere Personengruppen. Nach § 22 MiLoG von dem Anwendungsbereich des Gesetzes ausgeschlossen sind z.B. Personen, die ein Praktikum verpflichtend auf Grund einer schul- bzw. hochschulrechtlichen Bestimmung oder Ausbildungsordnung leisten oder Langzeitarbeitslosen in den ersten 6 Monaten der Beschäftigung. Unmöglich ist also Umgehung des MiLoG, indem ein de facto Arbeitnehmer als "Praktikant" eingestellt wird.

Der Mindestlohn nach MiLoG ist grundsätzlich zusammen mit der Arbeitsvergütung aus dem Arbeitsvertrag innerhalb der im Arbeitsvertrag bestimmter Frist fällig. Sollte keine vertragliche Regelung  getroffen sein, so muss die Zahlung spätestens am letzten Bankarbeitstag (Frankfurt am Main) des Monats erfolgen, der auf den Monat folgt, in dem die Arbeitsleistung erbracht wurde. Das heißt, dass der Lohn für Januar 2015 soll dem Arbeitnehmer spätestens am Freitag, den 27.02.2015 gezahlt werden soll.

(Im Teil 2 des Artikels wird die Geltendmachung der Ansprüche auf Zahlung eines Mindestlohns durch den Arbeitnehmer sowie die Pflichten des Arbeitsgebers u. A. im Zusammenhang mit der Anmeldung im Bundesgebiet tätiger Arbeitnehmer eines ausländischsten Arbeitgebers, im Näheren besprochen).

Rafał Królikowski, Rechtsanwalt

Rechtsprechung

1. Beschluss  der Besetzung von sieben Richtern des Obersten Gerichts- Zivilkammer vom 20. Januar 2015 III CYP 78-14

"Falls eine Partei infolge des Erlasses einer Entscheidung vor dem 1. September 2004 mit einer Verletzung des Art. 156 § 1 des (poln.) Verwaltungsprozessordnung einen Schaden erlitten hat, und der zuständige  Minister oder die kommunale Widerspruchsbehörde nach diesem Tag, aber vor dem 11.April 2011 die Nichtigkeit dieser Entscheidung oder deren Erlasses mit der Rechtsverletzung beschlossen hat, beginnt die Frist der Verjährung des Anspruchs mit auf die Entschädigung, vorgesehen in Art. 160 des Verwaltungsprozessordnung, im Moment des fruchtlosen Ablaufs der Frist zur Antragsstellung auf erneute Prüfung der Sache und falls solche Antragsstellung – im Moment des Erlasses der Entscheidung nach der erneuten Prüfung der Sache."

2. Urteil des Obersten Gerichts – Zivilkammer vom 21. Januar 2015 IV CSK 225/14

"Falls der Lizenzerteilungsvertrag über das Gemeinschaftsmuster keinen territorialen Bereich bestimmt, hat der Lizenznehmer Anspruch auf die Nutzung der Erfindung in demselben Bereich wie der Lizenzgeber ( volle Lizenz )."

3. Beschluss des Obersten Gerichts – Zivilkammer vom 14. Januar 2015 II CSK85/14

"Im Falle des Vertragsabschlusses der offenen Handelsgesellschaft in einer üblichen schriftlichen  Form, in dem der Gesellschafter sich zu einer Immobilieneigentumseinlage zugunsten der Gesellschaft verpflichtet hat, ist es notwendig - nach der Registeranmeldung der Gesellschaft - einen eigenartigen Vertrag in Form einer notariellen Urkunde abzuschließen, die das Eigentum dieser Immobilie zugunsten dieser Gesellschaft übereignet."

Alicja Machała, Rechtsreferendarin

Kanzleiereignisse

League of Lawyers Treffen in London, 25. – 27. Juni 2015

Mitglieder unserer asiatisch-europäischen Netzwerkorganisation, der League of Lawyers, haben sich zum ersten europäischen Treffen in London getroffen. Henning von Zanthier ist der Präsident der League of Lawyers. Die Organisation vereinigt mittelgroße Kanzleien aus Asien und Europa die kooperieren, den richtigen Ansprechpartner in der gewünschten Rechtsordnung  für ihre Mandanten zu finden. Mehr erfahren Sie unter: www.leagueoflawyers.net

3. Prämierung des BPW 2015 am 9. Juli 2015 im Atrium der Investitionsbank Berlin

Wir engagieren uns als Juroren und Berater im Rahmen des Business-Plan-Wettbewerbs. Dadurch unterstützen wir tatkräftig die jungen Unternehmen aus unserer Region. Wir nehmen an den Kontaktabenden des BPW (www.b-p-w.de) regelmäßig teil und stehen Ihnen auch insofern für Gespräche zur Verfügung. Sie könnten am 9. Juli im Atrium der Investitionsbank Berlin bei der 3. Prämierung mit Herrn Rechtsanwalt Henning von Zanthier und Frau Rechtsanwältin Jolanta Krzemińska aus unserer Kanzlei Ihr Unternehmenskonzept besprechen.

deGUT am 9. und 10. Oktober 2015 - Flughafen Tempelhof

Die deutschen Gründer- und Unternehmertage (www.degut.de) haben sich in den letzten Jahren als eine der größten und wichtigsten Messen rund um die Existenzgründung und das Unternehmertum in Deutschland etabliert. Herr Henning von Zanthier und Frau Jolanta Krzemińska sind als Ihr Ansprechpartner am Stand unserer Kanzlei dabei. Sie beraten Sie zu den rechtlichen Fragen die mit der Gründung Ihres Unternehmens einhergehen: die passende Rechtsform (GmbH, KG, oHG, GbR, GmbH & Co. KG usw.), Schutz des geistigen Eigentums, insbesondere rechtlicher Software-Schutz, Open Source Elemente, Wettbewerbsschutz, Arbeitsrecht u.a.

Sofern Sie Interesse an einem Gespräch mit Herrn von Zanthier oder Frau Krzemińska haben, können Sie bereits jetzt unter berlin@vonzanthier.com einen Termin vereinbaren. Im Übrigen freuen wir uns auf Ihre spontanen Anfragen auf der Messe!

Iu§letter Ausgabe 53 - April 2015

Editorial

Liebe Leserinnen unseres Iu§letters, liebe Leser unseres Iu§letters,

im Dezember 2014 hat das Marktbewertungsunternehmen Brand Finance das Ranking der wertvollsten Ländernamen als Marke sowie auch deren Wert vorgestellt. 

Die Stärke der Ländermarke wird anhand von vier „Säulen“ ermittelt: Güter & Dienstleistungen, Tourismus, Fachkräfte, Investitionen. Aus diesen Faktoren wird ein sogenannter „Brand Strength Index“ errechnet, d.h. die Markenstärke des jeweiligen Landes. Durch die Verknüpfung des „Brand Strenght Indexes“ mit dem Bruttoinlandsprodukt des jeweiligen Landes wird der Wert der Landesmarke errechnet.

Wie vom CEO von Brand Finance, Herrn David Haigh, zutreffend festgestellt, stehen Staaten im 21. Jahrhundert im Wettbewerb um Touristen, Studenten, die besten Fachkräfte und Investitionen. Der Einfluss der Marke auf das Image eines Landes, die nationalen Unternehmensmarken und die nationale Wirtschaft allgemein machen die Landesmarke laut David Haigh zu einem der wichtigsten Vermögenswerte, die ein Land besitzt. Regierungen, Handelsorganisationen und Unternehmen sollten daher Maßnahmen ergreifen, die sicherstellen, dass die nationale Landesmarke strategisch und in angemessener Weise geführt und regelmäßig überwacht wird, um die mit ihr verbundenen Vorteile zu maximieren. 

Die stärkste Landesmarke ist laut der Analyse von 2014 Deutschland, „Germany“, mit einem Rating von AA+ (AA =“very strong“) gefolgt von Singapur und der Schweiz. Im Jahr 2013 belegte die Landesmarke Deutschland noch Platz 4, während die Landesmarke „Schweiz“ den ersten Platz einnahm. 

Hinsichtlich des Wertes der Marke „Germany“, der sich auf 4,357 Billionen US-Dollar beläuft und um 9 % gegenüber dem Vorjahr gestiegen ist, nimmt Deutschland, wie bereits im Vorjahr, den dritten Platz ein. An erster Stelle stehen die USA ($ 19,261 Billionen UDS) und an zweiter Stelle die Volksrepublik China ($ 6,352 Billionen USD). Die Landesmarke „Polen“ steht mit $ 602 Mrd. USD wie auch im Vorjahr, auf Platz 20, wobei derer Wert um 21 % gestiegen ist.

Wir wünschen Ihnen viel Spaß bei der Lektüre unseres Iu§letters u.a. mit den Themen: „Ein unerwartetes Ferienfoto – über die Verkehrsdelikte-Richtlinie 2011/82/EU vom 25. Oktober 2011“ und über „die Auflösung des Arbeitsverhältnisses mit einem illoyalen Arbeitnehmer“. 
 

Ihr 
Henning von Zanthier, LL.M.
Rechtsanwalt / legal counsel

Nicht-menschliche Schöpfer und das Urheberrecht

Über den Rechtsstreit zwischen dem britischen Fotografen David Slatner und Wikimedia Commons (Fotodatenbank der Wikipedia) wegen angeblicher Urheberrechtsverletzung wurde in den Medien bereits viel berichtet. Der Fotograf behauptet, Wikipedia habe ohne seine Zustimmung sein Foto eines Schopfaffen (Macaca nigra) im Internet veröffentlicht. Dieser Rechtsstreit würde sich nicht von vielen anderen ähnlichen Rechtsstreiten unterscheiden, wäre der „Autor“ der streitgegenständlichen Fotografien nicht ein Affe, der dem Fotografen die Fotokamera aus der Hand gerissen und mit Hilfe dieser einige hunderte Fotos gemacht hat, darunter auch jenes auf der Webseite von Wikipedia. Wikimedia vertritt die Auffassung, dass das Foto nicht durch das Urheberrecht geschützt ist, denn der „Autor“ des Fotos ist nicht der Fotograf, dem die Fotokamera gehörte, sondern ein Affe; jedoch können Urheberrechte nur einem Menschen zustehen. 
Unabhängig davon, wie der Rechtsstreit von einen amerikanischen Gericht zu entscheiden sein wird, stellt sich die Frage, wie das polnische Urheberrecht Werke beurteilt, die nicht von einem Menschen, sondern von einem Tier oder von einer Maschine erschaffen worden sind. Dieses Problem hat eine größere praktische Bedeutung als angenommen werden könnte. 
 
Es handelt sich nicht nur um so seltene Situationen wie die oben dargestellte Geschichte, oder eine, bei der Elefanten im Zoo Bilder malten. Es gibt zunehmend Unternehmen, die Grafiken verwenden, die maschinell und ohne Einsatz von Menschen generiert wurden. 
 
Gemäß Art. 8 Abs. 1 des polnischen Gesetzes vom 04.02.1996 (Gesetzesblatt vom 2006, Nr. 90, Pos. 631 mit Änd.) über das Urheberrecht und verwandte Schutzrechte (weiter: UrhG), stehen die Urheberrechte grundsätzlich dem Schöpfer des Werkes zu. Der Schöpfer ist - im Sinne des Gesetzes - eine Person, welche das Werk im physischen Sinne erschaffen hat. Dabei kann der Schöpfer nur eine natürliche Person sein, also ein Mensch z.B. keine Gesellschaft. 
 
Tiere können daher nicht Schöpfer sein und ihnen können somit auch keine Urheberrechte zustehen. Nur Menschen können Rechtsträger sein. Dies wird in Art. 1 des polnischen Tierschutzgesetzes vom 21.08.1997 (Gesetzblatt vom 1997, Nr. 111, Pos. 724 mit Änd.) betont. Nach dieser Regelung sind Tiere keine Sachen, jedoch werden auf sie die Vorschriften über Sachen als Rechtsobjekte entsprechend angewandt. Sofern ein Tier ein Werk ohne die Hilfe eines Menschen schöpft, fehlt es an einem Schöpfer i.S. des UrhG und das Werk wird nicht urheberrechtlich geschützt. 
Bei maschinell generierten Werkten ist die Beurteilung komplizierter. So lange die Daten von einem Menschen manuell eingegeben werden und dann anhand dieser Daten das Ergebnis generiert wird, ist die Dateneingabe für das Entstehen des Werkes entscheidend. Der Mitarbeiter, der die Daten ins Programm eingespeist hat, ist dann Urheber des Werkes. 
 
Das Problem fängt an, wenn die Eingangsdaten automatisch eingespeist werden oder wenn der Autor des Programms und der Mitarbeiter, der die Daten einspeist, zwei verschiedene Personen sind. 
 
In der ersten Situation kann der Autor des Programms Urheber der Arbeitsergebnisse sein. Er hat nämlich die Algorithmen geschrieben, die bei Erstellung des Werkes eingesetzt wurden und er hat die Arbeitsrahmen für die Software geschaffen, die dann das Ergebnis generiert hat. So hat er einen – zumindest mittelbaren – Einfluss auf die Gestalt des Werkes. 

Wenn eine andere Person, als der Autor der Software die Daten einspeist, stellt sich die Frage, ob vielleicht beide Personen Miturheber sind. Zwar sind die eingespeisten Daten eine Grundlage für das Ergebnis, aber die Bearbeitung erfolgt durch Algorithmen, welche von dem Programmierer festgelegt wurden. Also auch der Programmierer käme als Miturheber in Betracht. 

Das polnische Urhebergesetz beinhaltet keine Regelung dazu. Es erscheint jedoch sinnvoll, die Miturheberschaft des Programmierers zu verneinen. Die Dateneinspeisung hat nämlich eine größere Bedeutung für die Entstehung des Werkes als die Herstellung einer Software, welche diese Daten verarbeitet. Ferner wird Computersoftware in der Regel erstellt, damit andere als der Autor selbst, diese nutzten können. Indem der Autor seine Software anderen Personen zur Verfügung stellt, erklärt er sich damit einverstanden, dass diese seine Software nutzen. Der Autor fordert daher in der Regel keine besondere Einwilligung zur Nutzung der Arbeitsergebnisse der Software und keine Gebühr dafür. 

Zusammenfassend ist also festzustellen, dass nach polnischem Urheberrecht, der Schöpfer eines Werks nur ein Mensch sein kann. Falls keine Person bei Entstehung des Werkes einen ausreichenden kreativen Beitrag geleistet hat, so gibt es keinen Urheberrechtsinhaber. Das Werk ist dann urheberrechtlich nicht geschützt.   

Karolina Barałkiewicz-Sokal 
Rechtsanwältin 

Rafał Królikowski 
Rechtsanwalt 

Ein unerwartetes Ferienfoto – über die Verkehrsdelikte-Richtlinie 2011/82/EU vom 25. Oktober 2011

Wenn man aus dem Urlaub zurückkommt, bringt man gewöhnlich Urlaubsfotos mit. Die Rückkehr aus dem Urlaub kann aber auch mit dem Erhalt eines unerwarteten Fotos verbunden sein, das mit einem Radarkamera im Ausland gemacht wurde. 
 
Das ist Folge des Inkrafttretens am 30.04.2014 der Gesetzvorschriften vom 14.03.2014 über die Änderung des polnischen Gesetzes über den Straßenverkehr (Gesetzesblatt vom 2014 Pos. 486, im Folgenden genannt: „Straßenverkehrsgesetz“) kraft derer die Bestimmungen der Richtlinie 2011/82/EU vom 25. Oktober 2011 zur Erleichterung des grenzüberschreitenden Austauschs von Informationen über die Straßenverkehrssicherheit gefährdende Verkehrsdelikte in Polen implementiert worden sind (Amtsblatt UE L Nr. 288, S.1, im Folgenden genannt: „Richtlinie 2011/82/UE“). Die Richtlinie 2011/82/UE und das Straßenverkehrsgesetz bezwecken die Erleichterung des Informationsaustauschs zwischen den EU-Mitgliedstaaten hinsichtlich der Fahrzeuge, ihrer Eigentümer und Besitzer. Gleichzeitig sollen die benannten Bestimmungen den entsprechenden Organen der Mitgliedstaaten der EU eine schnelle Anwendung von Sanktionen ermöglichen, sofern Straßenverkehrsvorschriften von einem Fahrer verletzt wurden, der in einem anderen Mitgliedstaat seinen Wohnsitz hat. 
 
Ziel der Bestimmungen ist die Einschränkung der Verletzung der Straßenverkehrsvorschriften im Gebiet der EU-Mitgliedstaaten. 

Zu diesem Zweck wurde auf der Grundlage von Art. 80k Abs. 1 des polnischen Straßenverkehrsgesetzes ein Nationaler Kontaktpunkt („Krajowy Punkt Kontaktowy“) in Polen sowie in anderen EU-Mitgliedstaaten eingerichtet. Der Nationale Kontaktpunkt wird vom zuständigen Innenminister im Tele-und Informationssystem (Art. 80k Abs. 2 des Straßenverkehrsgesetz) geführt. Gemäß Art. 80 des Straßenverkehrsgesetzes soll diese Einrichtung den Austausch von Informationen mit den jeweils zuständigen Kontaktpunkten anderer Mitgliedstaaten sowie mit den „Berechtigten Nationalen Rechtsträgern“ (d.h. Polizei, Straßentransportinspektion, Gemeindepolizei, Grenzschutz und Zollorganen ) ermöglichen - im Hinblick auf Daten zu Fahrzeugen, ihren Eigentümern oder Besitzern. 
 
Gemäß Art. 80k Abs. 6 des Straßenverkehrsgesetzes erfolgt der Informationsaustausch u.a. wenn man sich an die Vorschriften über Geschwindigkeitsbegrenzung, die Anschnallpflicht, den Kindertransport in einem Autositz, die Benutzung vom Helmen, die Verkehrsampel oder die Haltegebotszeichen nicht hält; das Fahrzeug unter Rauschmitteleinfluss führt sowie auch im Fall der Benutzung eines Telefons während der Autofahrt, das das Halten eines Hörers oder eines Mikrofons voraussetzt. 
 
Der Informationsaustausch über die Daten von Fahrzeugen und ihren Eigentümern und Besitzern besteht darin, dass der Nationale Kontaktpunkt auf Anfrage von Nationalen Kontaktpunkten anderer EU-Mitgliedstaaten gemäß Art. 80o des Straßenverkehrsgesetzes die Daten sowie die Kennzeichen des Fahrzeugs, die Fahrzeug-Identifizierungsnummer (VIN), die Fahrgestellnummer, den Staat der Fahrzeuganmeldung, die Automarke, sowie diverse Angaben des Eigentümers weitergibt. 
 
Nachdem die zuständigen Organe die entsprechenden Informationen erhalten haben, wenden sie Sanktionen gemäß den Vorschriften des Mitgliedstaates an, in dem der Verstoß stattgefunden hat. 
 
Das bedeutet, dass die zu verhängende Geldbuße nach der Gebührentabelle des Mitgliedstaates, in dem der Verstoß gegen den Straßenverkehr stattgefunden hat, berechnet wird und zwar unabhängig davon, wo das Fahrzeug registriert ist oder welcher Nationalität der Fahrer ist. 
 
Am wichtigsten ist jedoch, dass die Geldbuße für einen Polen, der gegen die Straßenverkehrsvorschriften im Ausland verstoßen hat, viel spürbarer ist als es bei den Geldbußen in seinem Heimatland der Fall ist. In Deutschland sieht die aktuelle Gebührenübersicht bei Geschwindigkeitsüberschreitung eine Geldbuße bis zu ca. 680 Euro vor. 
 
In der Praxis wird der Umfang der Sanktionen der zuständigen Organe gegenüber den Fahrern von der Bedeutung und dem Grad der Zuwiderhandlung gegen die Straßenverkehrsvorschriften abhängig sein. Eine Bestrafung lässt sich jedoch auch bei kleinen Verstößen gegen den Straßenverkehr nicht ausschließen. 
 
Karolina Barałkiewicz-Sokal, 
Rechtsanwältin
 
 
Alicja Machała, 
Rechtsreferendarin
 

Auflösung des Arbeitsverhältnisses mit einem illoyalen Arbeitnehmer

Es kommt nicht selten vor, dass Arbeitnehmer nach der Auflösung des Arbeitsvertrages mit Einhaltung einer Kündigungsfrist gemäß Art. 30 § 1 Pkt. 2 des Gesetzes vom 26. Juni 1974 poln. Arbeitsgesetzbuch, also „Kodeks Pracy“ (Gesetzesblatt Nr. 24, Pos. 141 mit späteren Änderungen) – nachstehend KP genannt, während der Kündigungsfrist für einen anderen Arbeitgeber arbeitet oder Tätigkeiten für eine Konkurrenzgesellschaft vornimmt, weil er daran vertraglich durch ein Wettbewerbsverbot nicht gehindert ist. 
 
Könnten dem Arbeitgeber irgendwelche Ansprüche gegen den Arbeitnehmer zustehen, obwohl ein Wettbewerbsverbot vertraglich nicht vereinbart worden ist? 
 
Gemäß Art. 101KP kann ein Schadenersatz wegen der Verletzung des Wettbewerbsverbotes nur dann verlangt werden, wenn mit dem Arbeitnehmer ein Vertrag über Wettbewerbsverbot geschlossen worden ist. 
 
Laut eines Urteils des polnischen Obersten Gerichts vom 3.03.2005 (I PK 263/04): „stellt die Ausübung einer Wettbewerbstätigkeit nach der Verweigerung des Abschlusses eines Vertrages über ein Wettbewerbsverbot und trotz Widerstandes des Arbeitgebers eine bewusste Zuwiderhandlung des Arbeitnehmers gegen die Sorgepflicht um das Wohl des Betriebes dar (Art. 100 § 2 Pkt. 4 KP) und kann ein begründeter Grund für die Auflösung des Arbeitsvertrages ohne Kündigung aufgrund der Schuld des Arbeitnehmers sein (Art. 52 § 1 Pkt. 1 KP).” 
 
Angesichts des o.g. Urteils bedeutet die Ablehnung der Unterzeichnung eines Vertrages über das Wettbewerbsverbot durch den Arbeitnehmer nicht zugleich, dass der Arbeitnehmer während der Dauer des Arbeitsverhältnisses (und das gilt auch während der Kündigungsfrist) nach Belieben Arbeitsleistungen an Konkurrenten des Arbeitgebers erbringen darf. 
 
Um den Arbeitnehmer von Tätigkeiten für einen Konkurrenten des Arbeitgebers abzuhalten, gilt es, ihn zum Unterlassen der Wettbewerbstätigkeiten für den Konkurrenten aufzufordern, gegebenenfalls auch zur Unterlassung der Verletzung der Geheimhaltungspflicht. Darüber hinaus sollte hierbei darauf hingewiesen werden, dass ein derartiges Verhalten des Arbeitnehmers mit den Interessen des Unternehmens kollidiert sowie auch als Zeichen der Illoyalität erachtet werden kann und daher einen Grund für die Auflösung des Arbeitsvertrages ohne Einhaltung der Kündigungsfrist darstellen kann. 
 
Falls der Arbeitnehmer der o.g. Aufforderung nicht nachkommt und weitere Arbeitsleistungen für den Konkurrenten erbringt, kann das ein Grund für die fristlose Kündigung des Arbeitsvertrages sein, auch bei einer vorangegangenen Kündigung des Arbeitsvertrages d.h. während der Kündigungsfrist. 
 
Alicja Machała, 
Rechtsreferendarin

Rechtsprechung

1. Das Urteil des polnischen Obersten Gerichts vom 5. November 2014 (III CZP 74/14)

Sobald die Voraussetzungen für die Errichtung eines Weges gem. Art. 145 § 2 und 3 KC (polnisches Zivilgesetzbuch) bestehen, darf der Notweg auch dann über das Nachbargrundstück führen, wenn es erforderlich ist, dass das auf dem Grundstück vorhandene Gebäude - errichtet auf der Grundlage einer Baugenehmigung oder ohne solcher Genehmigung, dessen Bau jedoch gem. Art. 49 ff. des Baugesetzbuches vom 7. Juli 1994 legalisiert worden ist - abgerissen wird. 

2. Beschluss des polnischen Obersten Gerichts vom 16. Oktober 2014 (III CZP 70/14) 

Wirksam ist ein einfaches Vermächtnis (art. 968 § 1 des polnischen Zivilgesetzbuches), in dem der Gegenstand der Leistung wahlweise bestimmt worden ist. 

3.Das Urteil des polnischen Obersten Gerichts vom 2. Oktober 2014 (IV CSK 7/14) 

Die Klage auf Erklärung der Nichtigkeit eines Gesellschafterbeschlusses kann nur in Ausnahmefällen erhoben werden. Im Falle des Fassens eines fehlerhaften Beschlusses kann nur gefordert werden, diesen - für die Zukunft - ungültig zu erklären.
 
Alicja Machała,
Rechtsreferendarin

Kanzleiereignisse

1. media.netLAW-Frühstück in unserer Kanzlei am 19.02.2015

Unsere Kanzlei VON ZANTHIER & SCHULZ und media.netLAW haben eine Veranstaltung zum Thema Website-Erstellungsvertrag, Schutz von Websites und Haftung für Inhalte organisiert. Zu diesem Thema hat Rechtsanwältin Jolanta Krzeminska einen Vortrag gehalten. Anschließend entwickelte sich eine lehbafte Diskussion.

2. Seminar in WTC Poznan, 28.01.2015

Am 28.01.2015 hat unsere Kanzlei, AHP International GmbH & Co. KG und WORLD TRADE CENTER Poznań ein Seminar “Der Vertrieb von Produkten in Deutschland unter Berücksichtigung der ausgewählten Besonderheiten des Vertriebs von medizinischen Produkten“ organisiert. Während des Seminars wurden die allgemeinen Fragen des Vertriebsrechts sowie auch die steuerlichen Aspekte, e-commerce und ausgewählte Problematik des Vertriebs von medizinischen Produkten in Deutschland angesprochen. Ferner wurden die praktischen Beispiele der Organisation des Vertriebs in Deutschland dargestellt.

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